Öffentlichkeitsarbeit kostet mehr als Pachteinnahmen eines Windrads

SPD-Fraktionsvorsitzender Karl Michalowski Bild: SPD BaM

Der Stadtrat hat den aktuellen Haushalt 2021 beschlossen. SPD-Fraktionsvorsitzender Karl Michalowski redete ins Gewissen für eine solide Ausgabenpolitik. Er plädiert für „Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit“. Eine Besinnung auf die Kernaufgaben einer Kommune sei jetzt in Anbetracht der Corona-Krise nötig. Wir geben hier den Wortlaut seiner Rede wieder.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

in dieser Zeit ist vieles anders, als wir es gewohnt sind. Das hat auch vor unserer Arbeit im Rat und den Fraktionen nicht halt gemacht. Aufgrund der Pandemie mussten viele Sitzungstermine verschoben werden, vieles aufgeschoben werden. Aufgeschoben mussten auch einige Projekte der Stadtentwicklung im Haushaltsentwurf. Wir können noch nicht einschätzen, welche Auswirkungen die aktuelle Krise auf unser Stadtsäckel am Ende haben wird. Daher begrüßen wir in diesem Fall diese vorsichtige Ausgabenpolitik. Diese wird zunehmend in den nächsten Jahren nötig sein, denn wir müssen wieder ausgeglichene Haushalte vorweisen, die zu gesunden städtischen Finanzen führen sollen.

Dabei darf es keine „heilige Kuh“ geben. Auch ISEK-Maßnahmen sind kritisch zu betrachten, deren Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit kühl abzuwägen. Projekte müssen trotz Förderung stärker hinterfragt werden. Denn es bleiben nicht unerhebliche Eigenanteile an uns hängen. Zudem werden uns auch Folgekosten auf viele Jahre weiter belasten.

Wichtig ist, dass die tatsächlich realisierten Projekte wirkungsvoll sind. Daher möchten wir nicht nur in der Kernstadt die „Denkmäler der Stadtentwicklung“ sehen, sondern auch in den Dörfern. Denn wir befürchten, dass sonst die Akzeptanz der auf die Kernstadt konzentrierten ISEK-Projekte leiden werden. Ein Beispiel ist die sündhaft teure Sanierung der Wasserterrassen. Auch wenn die Kosten gefördert werden, sind fast eine ¾ Million für einen Zierbrunnen bei gleichzeitigen geplanten Steuererhöhungen im kommenden Jahr den Bürgerinnen und Bürgern kaum zu vermitteln.

Das Gebot der nächsten Jahre wird weiterhin Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit sein. Dies ist erforderlich, um auch die Corona-Mindereinnahmen in den nächsten Jahren abzufedern. Mit der Möglichkeit die Verluste als „außerordentliche Erträge“ zu buchen hat uns die Landesregierung lediglich einen absurden Luftbuchungstrick hinterlassen. Den Kommunen hilft das keineswegs.

Nach unserer sorgfältigen Abwägung aller Positionen können wir dem Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Darin sind Ausgaben enthalten, die eine Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit vermissen lassen.

In Anbetracht des finanziellen Ausblicks plädieren wir dafür, sich wieder stärker auf die Kernaufgaben der Kommune zu besinnen. Die Feuerwehr gehört wohl unbestritten dazu. Allerdings heißt das nicht, dass wir alle erdenklichen Mittel für den Brandschutz investieren können. Wir können einer Verlegung der Feuerwache an der Kölner Straße nicht zuzustimmen, wenn dazu ein Grundstückskauf mit schwindelerregenden Kosten nötig würde. Notwendig ist allerdings eine zweckmäßige, effektive und vor allem sichere Ausstattung aller Gebäude.

Zur Daseinsvorsorge gehört auch, dass wir unser marodes Straßennetz beherzter modernisieren müssten. Dazu gehört aus unserer Sicht auch ein Konzept zur wirtschaftlichen Instandhaltung. Nötige Deckensanierungen werden nur unzureichend umgesetzt. Fördermittel dazu werden nicht abgerufen. Dabei würde das Ortsbild profitieren und der Pflegeaufwand durch den Bauhof nachhaltig gesenkt werden können.

Zu den Kernaufgaben gehört auch ein gutes Angebot für alle bei der Kinderbetreuung. Zwar haben wir nach Wiedereintritt in den Kita-Konsens die Fehler der Vergangenheit mit dem Ausbau der letzten Jahre etwas abmildern können, allerdings hinken wir noch immer dem Bedarf hinterher. Die Kinderzahlen steigen erfreulicherweise weiter. Auch die Neubaugebiete tragen hierzu bei. Dabei ist der Druck auf die Betreuungsplätze insbesondere im Erfttal noch immer groß. Gerade bei der U2-Betreuung besteht besonderer Bedarf um die Lücke zwischen der Elternzeit und der Berufstätigkeit zu schließen. Flexible Betreuungszeiten sind in dieser Stadt leider noch ein Fremdwort.

Schade ist auch, dass wir uns verweigern, eine „kinder- und jugendfreundliche Kommune“ zu werden. In der Verwaltung besteht die Vorstellungskraft nur darin, dass Kitas, Schulen und Spielplätze dafür reichen würden. Nicht nur hier würden uns neue Erkenntnisse weiterbringen. Im Übrigen: Nach Weilerswist hat sich in der vergangenen Woche auch Euskirchen für die Teilnahme am Projekt ausgesprochen.

Neue Erkenntnisse aber „pünktlich“ erst nach der Wahl konnten die Bürgerinnen und Bürger in Sachen Windpark Pfaffenbusch erlangen. Ob man die Windkraftanlagen südlich von Nöthen nun befürwortet oder ablehnt, eine öffentliche Diskussion wäre frühzeitig nötig und möglich gewesen.

Wir möchten, dass der Rat – und natürlich die Bürgerinnen und Bürger – künftig transparenter mitgenommen werden. Unser Antrag zur digitalen Übertragung der Ausschuss- und Ratssitzungen untermauert unsere Motivation. Unserer demokratischen Kontrollfunktion wollen wir gerechter werden. Denn einsame Vorbereitungen im Bürgermeisterbüro von derartiger Tragweite sind hier fehl am Platze.

Trotz mangelnder Öffentlichkeit steigen die Bemühungen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit seit Jahren. Und zwar beträchtlich. Ich picke nur eine kleine Position heraus: Die Kosten für das Amtsblatt in der Gießkanne haben sich seit der Wahl 2015 um 210% erhöht. Dafür dürfen wir Woche für Woche nun auch leicht verdauliche Ansprachen der Bürgermeisterin lesen. Diese Publicity mit geringem Informationswert nützt nur leider den Bürgerinnen und Bürgern wenig. Für die Kosten der Öffentlichkeitsarbeit braucht es mehr als die Pachteinnahmen eines Windrads.

Ohne zu übertreiben kann man das Thema Waldzustand als Katastrophe bezeichnen. Damit sind wir nicht alleine, daher ist die Bewältigung mit einem Wiederaufforstungsprogramm eine nationale Aufgabe, deren Lasten auch von Bund und Land mitzutragen sind. Dazu ist es nötig, dass bestehende und künftige Förderprogramme abgerufen und nachhaltig von uns umgesetzt werden. Eine kreisweite Zusammenarbeit bei diesem Thema wäre auch hilfreich.

Ein wichtiges Thema ist die Personalpolitik. Wir erkennen an, dass die Aufgaben der Verwaltung immer komplizierter und qualifizierter werden. Zudem führt der Spardruck auch zu Arbeitsverdichtungen. Daher ist eine ständige Weiterentwicklung der Verwaltungsorganisation nötig. Hierbei ist eine wertschätzende und motivierende Mitarbeiterführung für alle Mitarbeiter nötig, die für uns tagtäglich ein gut funktionierendes Gemeinwesen sicherstellen sollen. Wir müssen als Arbeitgeber attraktive und moderne Arbeitsplätze bieten und uns künftig noch stärker dem Thema Qualifizierung und Weiterbildung stellen. Auch die Auswahl neuer Mitarbeiter ist stark an eine gute Qualifikation in der öffentlichen Verwaltung zu binden.

Wir danken allen Beteiligten der Kämmerei und in den Ämtern bei der Ausarbeitung des Haushalts. Herrn Reidenbach gratulieren wir für seine erste Federführung. Sie haben viel Mühe reingesteckt und unsere Fragen gut und effektiv beantwortet.

Wir wollen aber auch die Gelegenheit nutzen, der gesamten Verwaltung für Ihre Arbeit zu danken. Als ein Beispiel nehme ich den Bauhof heraus. Herr Lanzerath und seine Kollegen leisten einen so wichtigen und sichtbaren Beitrag für uns alle. Mit einem nicht unerheblichen Pflege- und Instandhaltungsaufwand werden unsere Einrichtungen rund um die Uhr und zu jeder Jahreszeit unterhalten. Sie sind auch systemrelevant. Hierfür gilt unser besonderer und regelmäßiger Dank.

Und zum Schluss an uns alle: Es wird kein Nach-Corona mit einem „weiter so“ geben. Nach-Corona heißt, dass wir digitaler, nachhaltiger und solidarischer werden. Hierbei müssen wir auch versuchen unseren Kindern, ja all unseren jungen Mitbürgerinnen und Mitbürgern die verlorene Zeit zumindest teilweise zurück zu geben. Das heißt auch, dass wir das knapper zur Verfügung stehende Geld anders ausgeben sollten, was schon in diesem Jahr und erst recht im nächsten Haushalt umgesetzt werden müsste.

Bleiben Sie weiterhin gesund. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.