Dramatische Haushaltssituation zwingt zur künftigen Konzentration auf die Kernaufgaben

SPD-Fraktionsvorsitzender Karl Michalowski Bild: SPD BaM

Der Haushalt 2023 wurde durch den Stadtrat beschlossen. Die Aussichten in Sachen Haushalt sind sehr beunruhigend. SPD-Fraktionsvorsitzender Karl Michalowski mahnt eine Konzentration auf die kommunalen Kernaufgaben an. Er vermisst Sparvorschläge von der Bürgermeisterin und sieht verpasste Einnahmemöglichkeiten. Wir geben hier den Wortlaut seiner Rede wieder:

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

es bleibt alles anders in diesen Zeiten. So sehr sich viele in der Corona-Pandemie der letzten Jahre gewünscht haben, dass die alte Zeit wieder zurückkehren mag, so sehr werden wir mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert. Flutfolgen, ein schrecklicher Krieg in Europa und die für viele schmerzhafte Inflation bereiten Sorge und Nöte wie wir sie zumeist bislang nicht gekannt haben. Es hilft nichts, wir müssen diese Zeitenwende so gut es geht meistern und zuversichtlich in die Zukunft schauen.

In die Zukunft schaut sicherlich unser Wiederaufbauplan, der die Chance bietet, vieles moderner, barrierefreier, digitaler, schöner zu gestalten. Ein weiterhin gigantisches Vorhaben gerade für die Stadtverwaltung. Wir haben großen Respekt für die Mitarbeitenden, die sich für Ihre Stadt so ins Zeug legen. Daher ist es vollkommen richtig, dass wir sie unterstützen, indem wir ihnen nötige zusätzliche Kräfte zur Seite stellen.

Dabei hätten wir den Beschäftigten auch schon vor den Krisen ein besseres Rüstzeug bereitstellen können. Hierbei meine ich eine digitale Transformation, die auch mehr Erleichterung und Effektivität in die Amtsstuben bringen würde. Digitalisierung und Neuorganisation müssen dabei Hand in Hand gehen. Ich möchte uns nicht mit Großstädten vergleichen. Man braucht nur mal die Umsetzung der Gemeinde Alfter betrachten und erkennt, wie sehr beim Onlinezugangsgesetz noch Hausaufgaben bestehen. Dabei gibt es bereits bewährte Einer-für-Alle-Lösungen.

Lösungen werden wir in den nächsten Jahren für unsere dramatische finanzielle Situation brauchen. In Bad Münstereifel gilt traurigerweise, nach dem Haushaltssicherungskonzept ist vor dem Haushaltssicherungskonzept. Diesmal trifft es uns viel härter als zum Start des letzten HSK und wir werden uns im Laufe des Jahres intensiv um Einsparmöglichkeiten bemühen müssen, wenn wir nicht in größte Schwierigkeiten in den nächsten Jahren kommen wollen.

Dabei brauchen wir auf eine Hilfe von der schwarz-grünen Landesregierung nicht zu hoffen. Ganz im Gegenteil: Die Ausgliederung der krisenbedingten Schulden als Luftbuchungstrick schafft künftige große Altschulden, die uns nach dem Willen der Landesregierung bis zu 50 Jahre beschäftigen werden.

Auch wenn die Ministerin sich gerne auf Pressefotos förderwillig zeigt, so werden hinten rum wieder Gelder gestrichen: Mittel für die Dorfentwicklung werden gekürzt, so wichtige Vorhaben im Zivilschutz wie die Förderung Feuerwehrgerätehäuser wird gestrichen, Programme wie „Moderne Sportstätten“ nicht verlängert, Denkmalschutzmittel halbiert. Bei der Flüchtlingsunterbringung strengt sich das Land erheblich weniger an als 2015, obwohl die Zahlen der Schutzsuchenden erheblich höher ist.

In Düsseldorf kümmert man sich auch nicht um die grundsätzliche Finanzausstattung der Kommunen. Vielmehr sollte die „Förderitis“ reduziert werden und dafür substanziell mehr Mittel für Städte und Gemeinden bereitgestellt werden. Schließlich wollen wir unseren gesetzlichen Pflichtaufgaben nachkommen können, aber auch einen kleinen Spielraum für politische Gestaltung haben. Ansonsten wird das Recht auf „kommunale Selbstverwaltung“ zur Farce.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir vor der eigenen Türe kehren sollten: Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) ist wie ein tiefer Rausch, der aber auch einen langanhaltenden Kater ab dem nächsten Tag verursacht. Zwar fließen umfangreiche Fördermittel in die Stadt, doch verbleiben auch große Eigenanteile bei der Stadt und Folgekosten für die Pflege der Projekte. Ich habe bereits in den vergangenen Haushaltsreden die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit angemahnt. Wir haben uns erhofft, dass wir bereits früher damit angefangen hätten, uns wieder auf die Kernaufgaben der Daseinsvorsorge zu konzentrieren. Das werden wir im sicheren Haushaltssicherungskonzept mit Schmerzen machen müssen. Besser wäre es gewesen bereits jetzt mit einem freiwilligen Haushaltssicherungskonzept zumindest in Teilen zu beginnen. Es scheint so, dass wir vor dem unausweichlichen HSK nochmals aus den Vollen schöpfen, bevor es nicht mehr geht.

Wir hätten uns in Anbetracht der Situation von der Bürgermeisterin gewünscht, dass uns überhaupt erste Ideen für ein strukturelles Sparen in diesem Haushalt vorgelegt würden. Den Modernisierungsstau in der Verwaltung, die Aufarbeitung der Flut, die Beachtung vieler liegengebliebenen Bedürfnisse aus der Bürgerschaft und jetzt noch gleichzeitig zu sparen: Das wird eine immer schwierigere Herausforderung, umso länger wir damit warten. Ein Konzept ist also dringend nötig.

Alle weit fortgeschrittenen ISEK-Projekte sollen aus unserer Sicht zu Ende geführt werden. Es ist richtig, dass der Haushalt nun auch fragwürdige Vorhaben wie die Neugestaltung des Klosterplatzes für entbehrlich hält. Die beschlossene ISEK-Fortschreibung sollte sich nun stark auf die Dörfer konzentrieren. Diese sind in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen. Aber auch hier gilt für uns der Grundsatz zunächst eine funktionelle Infrastruktur bereitzustellen im Sinne der Sparsamkeit und Wirksamkeit. Wolkenkuckucksheime von Planungsbüros können und dürfen wir uns nicht leisten. Ich erinnere an mal früher angedachte Projekte wie den Schrägaufzug zum Kurhaus und die Halle am Werther Tor.

In den nächsten Jahren werden wir auch die Einnahmenseite betrachten müssen. Hier müssen wir neue Wege finden, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger nicht stärker belasten wollen. Wir haben beispielweise immer bedauert, dass die Stadt eine Baulandentwicklung nicht selber betreibt. Es scheint zum Ortsrecht zu gehören, dass nur eine bestimmte Firma den Reibach macht. Folgekosten wie Kita- und Schulausbau blieben zumeist bei der Stadt hängen. Wir würden anders dastehen, wenn wir als Träger der Planungshoheit auch die Gewinne eingestrichen hätten und künftig einstreichen könnten. Wenn wir nicht über die Kompetenz der Baulandentwicklung verfügen, dann müssen wir uns die vorhandene Hilfe einholen. Dabei würden wir uns mehr kleinere Neubaugebiete als anonyme Trabantendörfer wünschen.

Zudem wird in unserer Stadt der nötige „bezahlbare Wohnraum“ noch nicht einmal zu Kenntnis genommen. Es kann sich – gerade derzeit – nicht jeder ein Eigenheim in einem der Neubaugebiete leisten. Teile der Bevölkerung klammern wir damit aus, die auf bezahlbares Wohnen angewiesen sind.

Überraschend und bedauerlich ist die Nachricht, dass dem Stadtsäckel die möglichen Einnahmen aus der Windenergie frühestens 2027 zufließen könnten. Dabei wären Einnahmen auch aus anderen, viel schneller zu errichteten regenerativen Energiequellen möglich. Wenn man nach Euskirchen und Weilerswist schaut, dann fragen wir uns, warum bei uns nicht auch eine Freiflächenphotovoltaik möglich ist. Die Sonne scheint bei uns doch nicht weniger, als in Euskirchen. Wir würden uns hier viel mehr Engagement aus dem roten Rathaus wünschen.

Eine, wenn nicht die Kernaufgabe einer Kommune ist die Bereitstellung moderner Schulen. Ein möglicher nötiger Neubau der Grundschule in Bad Münstereifel haben wir Sozialdemokraten bereits mit dem Interessenbekundungsverfahren Schleidpark als elementar wichtig angesehen. Auch, wenn diese einige hier im Rat in der Vorstellung und der Diskussion lächerlich fanden. Nunmehr gibt es eine späte Einsicht. Wir begrüßen die Planungen eines möglichen viel günstiger gelegenen Standorts für die Schule.

Auch wenn einige in Anbetracht der finanziellen Situation bereits wieder eine Privatisierung des Eifelbads in Flurgesprächen ins Spiel bringen. Auch Schwimmen zu bezahlbaren Preisen gehört für uns Sozialdemokraten zur Daseinvorsorge, erst recht in einer Kurstadt. Wer eine Privatisierung meint, der meint auch, den Bürgerinnen und Bürgern tiefer in die Tasche zu greifen und auch viele Fördermittel wieder zurückzuzahlen.

Beherzte Diskussionen in der Kernstadt halten zum Verkehrskonzept an. Auch wenn einige bereits die einzig mögliche Lösung in den Medien propagieren, so müssen die Interessen der Bewohner und Gewerbetreibenden in der Kernstadt ernstgenommen werden. Wir wollen nicht alle auf eine Linie bringen, sondern eine insgesamt verträgliche Lösung. Diese könnte auch der bisherige langjährige Zustand mit einzelnen Änderungen bedeuten. Ein Abriegeln der Kernstadt lehnen wir ab. Wohl aber soll der Durchgangsverkehr verhindert werden.

Wir Sozialdemokraten haderten in Anbetracht der finanziellen Situation mit unserer Entscheidung zum Haushalt 2023. Trotz großer Sorge, sprechen wir uns überwiegend für den Haushalt aus, da wir auch anerkennen müssen, dass wir viele Themen daraus noch vorwärtsbringen wollen.

Wir danken Herrn Breuer, Herrn Reidenbach und Frau Preiser-Marian für die umfangreiche Arbeit in Sachen Haushalt. Insbesondere sind unsere Fragen und Sorgen sehr kooperativ, schnell und freundlich beantwortet worden.

Danken wollen wir der gesamten Verwaltung für Ihre engagierte Arbeit für unsere Stadt unter nicht einfachen Bedingungen. Als einzelnes Beispiel hebe ich in diesem Jahr die Stadtwerke hervor. Herr Lanzerath, Herr Wassong und ihre Mitarbeitenden haben uns im Rahmen des Wiederaufbaus gezeigt, zu was sie imstande sind. Sie kennen die kleinsten Ecken im Stadtgebiet genau, waren mit Kompetenz und Hilfsbereitschaft bei den Bürgerinnen und Bürgern zur Stelle, auch wenn der kleinteilige Arbeitsberg noch so riesig erscheint. Vielen Dank, dass Sie für uns alle da sind.

Vielen Dank auch an die Ratskolleginnen und Kollegen für die bisherige Zusammenarbeit und leidenschaftliche Diskussionen, die uns vorwärtsbringen.

Die alte Zeit, die man sich zurückwünscht, wie im Eingang meiner Rede beschrieben, wird nicht mehr wiederkommen. Jede Zeit hat seine Zeit. Und es liegt an uns, sie besser zu gestalten.

Danke für die Aufmerksamkeit!